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Stadtanzeiger - Reisefieber Dienstag, 15. Mai 2012


Mit dem "Krokodil" in die Nostalgie

Rund 200 «Stadi»-Leserinnen und -Leser liessen sich kürzlich von einem «Krokodil» nach Arbon ziehen. Ziel war die «Arbon Classics», wo die Mobilität von einst zum Leben erwacht.
Von Ruedi Fretz
Leserreise des Winterthurer Stadtanzeigers» verkündet die Anzeigetafel beim Winterthurer Hauptbahnhof. Das «Krokodil», mit neun Wagen angehängt, fährt ein, auf dem Perron wohlbegleitet durch viele Fotoapparate, die auch den ersten Moment der Reise festhalten wollen. Das Wetter ist zwar nicht so schön, wie es dem Mai nachgesagt wird. Doch es wird sich bessern. Heiter ist aber die Stimmung der Reisenden von Anfang an. Ein Pfeifen und ab geht es Richtung Thurtal und Bodensee. In Oberwinterthur und Frauenfeld stossen die letzten Passagiere dazu. Bei Kaffee und Gipfeli lässt sich die Landschaft im «Krokodil» besser bewundern als an Bord der Interregio-Züge. Das 86-jährige Gefährt hat es nicht so eilig. Doch bald ist das Ziel Arbon erreicht.

Das Ziel Arbon Classics


In Arbon, der ehemaligen Saurer-Stadt, ist fast alles zu sehen, was im letzten Jahrhundert in Sachen Mobilität einmal eine Rolle gespielt hat – egal ob auf der Strasse oder Schiene, im Wasser oder in der Luft. Auf dem Bahnhof treffen sich Dampfloks und elektrische Loks mehrerer Gesellschaften. Für die «Stadtanzeiger»-Leser ist eine Dampfzugfahrt entlang des Bodensees nach Romanshorn und zurück im Arrangement inbegriffen. Immer wieder grüsst «Tante Ju» von oben. Auf dem See tuckern kleine Dampfschiffchen fast um die Wette.
Das «Krokodil» macht in Arbon Pause.
Stilvoll: Personenwagen von einst.
Den Quai-Anlagen entlang stehen die Autos, die Geschichte schrieben. Traktoren fehlen auch nicht. Doch, sie dürfen berührt werden, die Motorräder von einst. Das waren noch Zeiten, als Töffs mit Seitenwagen zum Strassenbild gehörten! Der «Martini Frauenfeld CH», der erste und älteste Motor der Schweiz mit Baujahr 1880, entwickelt seine zwei PS und lässt sich sein biblisches Alter nicht anmerken. Grossen Platz nehmen die Nutzfahrzeuge ein, ob Postautos, Armeefahrzeuge oder Lastwagen von Unternehmern. Ihre Geburtsstätte ist nicht weit. Im Saurer-Museum, zu dem die «Stadi»-Leser freien Zutritt haben, ist alles dokumentiert.

Vesper auf Heimfahrt


Die Zeit vergeht im Flug. Ein schriller Pfiff des «Krokodils» kündigt die Heimreise an. Diese führt dem Boden- und Untersee sowie dem Rhein entlang. Bald tragen die flinken Frauen und Männer des Services den reichhaltigen Vesperteller auf. Im Barwagen greift der Pianist kräftig in die Tasten, die Stimmung erreicht ihren Höhepunkt.Beim Kurzaufenthalt in Steckborn lässt sich der Zug noch einmal fotografieren. Diesmal bei Sonnenschein. Zweimal verlangsamt der Zug seine Fahrt, auf der Brücke vor über dem Rheinfall. Um halb acht zurück in Winterthur, Hände schütteln und die Zusicherung: «Ja, wir sind ganz bestimmt wieder einmal dabei.»

"Krokodil" Be 6/8 III 13302


Die «Krokodile» gelangten ab 1920 in grosser Zahl in den Einsatz. Die Elektrifizierung der Gotthardlinie verlangte nach leistungsfähigen Güterzuglokomotiven. Die Nummer 13302 wurde 1925 erbaut und 1926 in Betrieb gesetzt. Im Gegensatz zu den ersten Serien besitzt sie einen sogenannten Winterthurer Schrägstangenantrieb. Erbauer sind die SLM Winterthur und die MFO Oerlikon. Ursprünglich als Ce 6/8 III mit Höchstgeschwindigkeit 65 Stundenkilometer in Betrieb gesetzt, konnte die Maschine später ohne Umbau als Be mit Maximalgeschwindigkeit 75 km/h zugelassen werden. Martin Gross, Präsident des Vereins Betriebs-gruppe 13302: «Unsere Lok 13302 hatte Glück. Während die Schwestermaschinen im Kiesdienst zu Tode geschunden wurden, musste sie nur kurzfristig Kieszüge ziehen. Ihre letzten Jahre bei den SBB verbrachte sie mit angemesseneren Aufgaben in Basel. So ist alles noch original erhalten geblieben.» Der Verein hat seinen Sitz in Wädenswil, ihr «Krokodil» ist im Depot Rapperswil.